Il valico di Casa Rossa Karte von Grenzübergang Casa Rossa

Punkt

Gebäude und Paläste

Grenzübergang Casa Rossa

Ein Grenzverlauf auf Papier. Plätze, die man einfach in der Mitte zerschnitt. Und dann die zahlreichen Anekdoten aus dem Alltag der Menschen.

Vermutlich können wir uns heute nur durch eben diese Anekdoten ausmalen, welche Wehmut und Ohnmacht die Bewohner dieser Gegend ergriffen haben mussten, als ihre Welt plötzlich, wie in Berlin, von der Mauer zerrissen wurde.
Es war der 13. August 1950 – das Heilige Jahr. Nach drei Jahren der Dunkelheit beschloss man, die Grenze einen Tag lang zu öffnen. Tausende Menschen strömten nach Görz hinüber und erzwangen sich den Weg über den eher rudimentären Grenzübergang Casa Rossa. „Friesische Reiter“, um sie herum Sperrdrahtrollen. Anstelle des heutigen Grenzgebäudes eine bekannte Trattoria, aufgrund ihrer Farbe Casa Rossa – rotes Haus – genannt, und berühmt für einen sprechenden Papageien. Eine spontane und friedliche Invasion, die sich den Weg erzwang, der ursprünglich sogar gestattet worden war. Obwohl Sonntag war, öffneten die Italiener ihre Läden. Die Stadt lebte wieder auf, die Leute hatten kein Geld und tauschten deshalb Eier und Butter gegen diese schönen Reisigbesen, die nur auf der anderen Seite der Grenze zu bekommen waren. Als die Dunkelheit hereinbrach, machten sich die Wägen wieder auf den Heimweg, und die Familien hielten ihre Besen hoch, als wären sie kostbare Trophäen.
Darko Bratina, Intellektueller und Senator des italienischen Parlaments, der 1997 starb, schrieb: „Gegen Abend, bei Sonnenuntergang, sind wir noch einmal ins Stadtzentrum zurückgekehrt und haben beobachtet, wie die langen Menschenschlangen geordnet nach Casa Rossa zurückkehrten. Hie und da sah man in den Reihen jemanden seinen Besen stolz auf der Schulter tragen. Alles verlief ohne den geringsten Zwischenfall. Ein auβergewöhnliches Bild. Ein unvergesslicher Sonntag, der in die Geschichte einging und sich im kollektiven Gedächtnis als „Sonntag der Besen“ einprägte. Zumindest einen Tag lang war die Grenze sprichwörtlich wie „weggefegt“, und die Besen wurden zum Symbol für dieses Ereignis. Da wurde mir endgültig klar, wie tragisch Grenzen sind, und seitdem träumte ich von der Aufhebung dieser Grenze – auch deswegen, weil ich sie nur wenige Jahre zuvor, in meiner frühesten Kindheit, nicht gekannt hatte.“

Ort

Via B. Alviano, gorizia